11. Dezember 2024

Mementori Mori – Frankfurter Allgemeine Zeitung

Zur aktuellen Bestattungskultur und den Problemen, die sich aus modernen Trends ergeben, hat die FAZ sowohl eine Pfarrerin als auch Dr. Michael C. Albrecht, Geschäftsführer bei entera und verantwortlich für den Bereich Friedhofsmanagement, befragt. Während die Geistliche sich zu transzendenten Fragen äußert, spricht Dr. Albrecht über Abbauprozesse, Verwesungsstörungen sowie die Rolle von Kunststoffen und Erkrankungen wie Adipositas oder Corona für die Friedhöfe. Die Ausgabe mit dem vollständigen Text erschien am 24.11.2024.
Die moderne Bestattungskultur bringt eine Menge Probleme mit sich – auch auf alten Friedhöfen
Albrecht erläutert die Vorgänge im menschlichen Körper, der bei regelgerechter Verwesung von Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilzen zersetzt wird. Bei diesen Vorgängen bleiben nach 25 Jahren Ruhezeit in der Regel nur noch ein paar Knochen übrig. Ist die Verwesung jedoch gestört, weil der pH-Wert des Bodens nicht stimmt, zu viel Feuchtigkeit im Spiel oder zu wenig Sauerstoff beteiligt ist, entstehen sogenannte Wachsleichen. Hierbei handelt es sich um Körperfett, das sich außen abgelagert hat und den Organismus an der Verwesung hindert.

Auch die Verwendung von Kunststoffen für die Kleidung und die Innenauskleidung der Särge lässt zu wenig Sauerstoff an die Leichen. Eine besondere Rolle spielen die Plastikhüllen, die während der Pandemie zum Einsatz gekommen sind. Sie sollten Ansteckungen über den Tod hinaus verhindern, behindern aber die Zersetzung des Körpers. Dr. Albrecht schätzt, dass ca. 25.000 dieser Hüllen während der drei Pandemie-Jahre verwendet wurden.

Ein anderes Problem ist das um sich greifende Übergewicht, gerade bei der Einäscherung, die die Erdbestattung in den vergangenen Jahren verdrängt hat. Die Öfen sind nicht für die massiven Körper gebaut, die Krematorien sind oft zu klein. Die massiven Särge schirmen die Leichen zudem vom Sauerstoff ab. Der entera-Geschäftsführer empfiehlt in solchen Fällen Särge aus dünnerem Holz, die Bepflanzung der Gräber mit tief wurzelnden Stauden, die für eine bessere Belüftung sorgen. Von Grababdeckungen hingegen rät er ab, da auch sie den Sauerstoff hindern, das Grabinnere zu erreichen.